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Die historische Entwicklung des Trommelfells

Die historische Entwicklung des Trommelfells

Vom tierischen zum synthetischen Trommelfell

Bis in die 1950er Jahre wurden hauptsächlich Felle aus Kalbsleder für das Schlagzeug verwendet.
Nachteile der Felle tierischen Ursprungs war vor allem deren Sensitivität auf das Klima (Wetter, Luftfeuchtigkeit). Dadurch war es viel schwerer die Felle richtig zu stimmen. Außerdem sind Kunststofffelle viel robuster und halten länger.
Die erste Polyesterfolie wurde in den 1940er Jahren in England bei der Firma Imperial Chemical Industries (ICI) als Ersatz für die Zellulosefolie erfunden. Nach dem Krieg erwarb die DuPont Chemical Company aus Delaware Patentrechte zur Herstellung von Polyesterfolien in den USA. Ihr Produkt namens Mylar wurde ausgiebig als Verpackungsmaterial, als Bänder für Filmkameras und für die Isolierung von Elektromotoren verwendet.

 

Die ersten Experimente mit Mylar

Jim Irwin, Chemieingenieur bei der Firma 3M, war der Erste, der Mylar als Trommelfell einsetzte. Ca. im Jahr 1952 leitete er eine Band im New Yorker Café Metropole. Sonny Greer, dem ehemaligen Schlagzeuger von Duke Ellington, ist bei einem Konzert im Metropole ein Trommelfell gerissen. Jim Irwin sprach ihn darauf an und versprach ihm er könnte ein Trommelfell erzeugen, welches nicht reißen würde. Jim Irwin hatte bereits 8 Jahre bei 3M mit Polyesterfolie gearbeitet und glaubte, dass dieses Material auch sehr gut als Schlagzeugfell geeignet wäre.

Jim Irwin hielt sein Versprechen und traf Sonny erneut in New York, um ihm sein neues Trommelfell aus Mylar zu übergeben.
Sonny Greer war von dem neuen Fell begeistert und sagte, dass dies das beste Trommelfell war, auf dem er je gespielt hat.
Ungefähr zur selben Zeit experimentierte Joe Grolimund von der Firma Selmer mit synthetischen Trommelfellen, insbesondere mit Mylar.
Er zeigte Bill Ludwig von der Firma Ludwig seine Experimente, aber Bill Ludwig war nicht sehr davon überzeugt. Nichts passierte, bis Bill herausfand, dass jemand anderes auf einer Messe ein Mylar-Trommelfell vorstellen wollte. Erst jetzt war auch Bill Ludwig sehr an den neuen synthetischen Mylar Trommelfellen interessiert.

 

Der Wettlauf um das erste Trommelfell aus Kunststoff

Die Schlagzeug-Hersteller Slingerland, Gretsch und Ludwig hatten zu dieser Zeit ihren Sitz in Chicago, wo sich auch das bekannte Schlagzeuggeschäft Frank´s Drum Shop befand.
Frank´s Drum Shop war ein hoch angesehener Laden. Als Tour-Schlagzeuger hatte Remo Belli tagsüber viel Freizeit und nutzte diese Gelegenheit, um all diese Orte zu besuchen. Remo Belli, der neben seiner Tätigkeit als Tourdrummer auch Teilhaber von Drum City in Hollywood war, hatte dadurch zu Slingerland und den anderen Unternehmen gute Kontakte. Bud Slingerland zeigte Remo einen neuen Kunststoff von DuPont namens Mylar. Remo wünschte Slingerland viel Glück, hatte aber sonst kein Interesse daran. Sowohl Slingerland, als auch Ludwig hatten zu dieser Zeit ein gewisses Interesse an dem Material.
Anfang 1956 bereitete Remo die Drum City auf ihre jährliche Percussion Ausstellung vor. Er erhielt ein Stück Mylar con C.D. Lamorre und heftete es zu Ausstellungszwecken auf einen 14 Zoll Holzspannreifen. Ende 1956 fertigte Marion I. „Chick“ Evans ein Trommelfell aus Mylar an, das aus einem gebohrten äußeren Spannreifen bestand, der ein Mylar-Trommelfell an einem kleineren inneren Spannreifen befestigte.
Chick Evans verschickte Verkausbriefe für die Felle, von denen einer die Drum City erreichte.
Remo wusste bereits von Jim Irwin´s Experimenten, hatte auch das Mylar-Konzept mit Slingerland und Ludwig besprochen, als er Jahre zuvor unterwegs war und hatte alleine mit Mylar gearbeitet. Remo verabredete sich zu einem Besuch bei Chick Evans in Santa Fe, New Mexico, um mehr über das Produkt zu erfahren. Bei seiner Ankunft stellte Remo fest, dass Chick keine angemessene Produktionsstätte hatte und dass sein Trommelfell Design fehlerhaft war.

Als Remo Chick´s Trommelfell sah, wusste er sofort, dass dieses Design nicht funktionieren würde, da er etwas Ähnliches für das Drum City Schaufenster ausprobiert hatte und nur Heftklammern anstelle von Reißnägeln zur Befestigung verwendete. Chick bot an, sein Geschäft für 5000 Dollar an Remo zu verkaufen, aber Remo war nicht interessiert, nachdem er die Felle aus erster Hand gesehen hatte.
Trotzdem verkaufte die Drum City Evans Felle für eine Weile, wobei Roy Hart (Remo´s Partner) sie trotz ihrer Mängel bei Session-Gigs einsetzte.
Remo Belli lernte wenig später den Chemiker Sam Muchnick kennen. Zusammen entwickelten sie ein Aluminiumharz-Design, das mit Harz gefüllt war um sich mit dem Mylar zu verbinden.
Die Trommelfelle von Remo und Evans unterschieden sich erheblich, ebenso wie die von Ludwig und Slingerland.
Am 1.12.1958 gründete Evans zusammen mit Bob Beals, Harold Beals und Larry Drehemer die Firma Evans Products Inc.

Der Durchbruch des synthetischen Trommelfells

Im Sommer 1957 auf der jährlichen Ausstellung der National Association of Music Manufacturer in Chicago wurde die Musikwelt erstmals auf die Kunststoff-Fell-Experimente der Firma Remo aufmerksam. Remo präsentierte dort ihre ersten Schlagzeugfelle aus Mylar. Remo Belli, der Gründer der Firma Remo, kehrte mit 10000 Bestellungen nach Los Angeles zurück. Remo entwickelte Anfang 1958 eine chemische Beschichtung (weithin als Coated Ambassador Felle bekannt), die den Klang so veränderten, dass sie den Kalbsfellen klanglich ähnlicher, jedoch wesentlich widerstandsfähiger waren. Speziell für das Spiel mit Besen waren Coated Felle sehr wichtig um den gewünschten typischen Besensound zu erhalten. Aufgrund Remo Belli´s und seinem Geschäftspartner Roy Harte´s Erfahrungen als Schlagzeuger, deren guten Beziehungen zu anderen Herstellern und Drum Shops wurde Remo zum Marktführer aller Schlagzeugfell-Hersteller.

Remo Timeline der Innovationen

Remo Inc. wurde am 1.6.1957 von Remo Belli, Roy Harte, Sam Muchnick und Sid Gerwin gegründet.
Das erste synthetische Trommelfell, welches von Remo Belli gemeinsam mit dem Chemiker Sam Muchnick entwickelt wurde, kam im selben Jahr auf den Markt. Die Stimmung dieses ersten Remo Trommelfells aus Mylar wurde weit weniger stark von Feuchtigkeit und Temperatur beeinflusst wie seine organischen Vorgänger.

Am 1.7.1957 kam das erste Remo Original Weatherking Diplomat Fell auf den Markt, welches ein einschichtig und 0,19 mm dick war.

Am 1.3.1958 folgte das Original WeatherKing Ambassador Fell, welches doppelschichtig (0,19 mm und 0,076) war.

Am 1.1.1959 kam das erste Original WeatherKing Emperor Fell auf den Markt. Dieses doppelschichtige Fell bestand aus zwei 0,19 mm dicken Fellen.

Am 1.2.1959 wurde das Original WeatherKing Ambassador durch ein neues Ambassador Fell ersetzt. Das neue Fell war einschichtig und 0,25 mm dick.

Am 1.10.1959 zog Die Firma Remo Inc. in die Raymer Street nach North Hollywood.

Am 3.5.1960 wurde von Remo Belli und Samuel Muchnick ein Patent (U.S. Patent 2,934,989) für das erste synthetische Trommelfell angemeldet.
Während eines Treffens im Jahr 1960 der Midwest Clinic (eine internationale Band und Orchester Konferenz) kamen Jack Mckenzie, Don Canedy, Mervin Britton, Hugh Soebbing, Vern Reamer, Sid Lutz, Kenneth Leisin und Remo Belli zu der einstimmigen Einsicht, dass die Lehrmethoden und Traditionen zu der damaligen Zeit nicht mehr zeitgemäß waren.
Dies führte zur Gründung der Percussive Arts Society, einer Organisation, die sich der Verbesserung der Percussion Performance und deren Lehrmethoden widmet.

Am 9.2.1964 traten die Beatles in der Ed Sullivan Show auf. Ringo Starr´s berühmtes Ludwig Drumset im Black Oyster Pearl Design verwendetet als Bassdrum-Fell ein bedrucktes Remo Fell mit dem berühmten Beatles Drop-T-Logo. Die Geschichte hinter Ringo´s Logo Bassdrumfellen wurde von Russ Lease genauestens recherchiert. Russ Lease erwarb das Originalfell auf einer Auktion im Jahr 1994. Seine Recherchen sind in dem Artikel „The Saga of Seven Skins: The History of the Beatles´ Drop-T-Logo and the Seven Most Famous Drumheads in History“ zu lesen.

Am 1.3.1972 kam das erste Remo Pinstripe Fell auf den Markt. Dieses bis heute sehr gebräuchliche doppelschichtige Fell wurde eines der populärsten Trommelfelle aller Zeiten.

Am 1.6.1972 erschien das erste Controlled Sound (CS) Black Dot Trommelfell. Es erzeugte einen tighteren Sound mit weniger Obertönen.

Am 1.1.1975 kam das erste Remo Fiberskyn Fell auf den Markt. Dieses bestand aus einer Laminatkonstruktion aus Polyester und Fiberglas. Viele Schlagzeuger die den Klang der Kalbsfelle bevorzugten, wechselten nun zu diesem synthetischen Trommelfell.

Am 1.3.1984 kamen die Powerstroke 1 & 2 Felle auf den Markt. In das Fell wurde ein Dämpfring aus Mylar eingearbeitet und sorgte dafür ungewünschte Obertöne zu eliminieren.

Am 1.4.1993 folgte dann des Nachfolge-Fell Powerstroke 3.

Schlagzeugunterricht Wien

Über den Autor:

Mag.art. Florian Stöger

 

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